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06. Sep 2023
Wie schreibe ich einen technischen Text verständlich?
Im Workshop mit dem Wissenschaftsjournalist und Autor Beat Glogger lernten wir, komplexe Sachverhalte so herunterzubrechen, dass sie für ein Laienpublikum verständlich sind. Wir lernten Methoden, um Texte besser zu strukturieren, und Regeln, die Texte verständlicher machen. Dabei ging es nicht in erster Linie um Rechtschreibung, sondern vor allem um die Führung der Leserschaft. Die Schwierigkeit liegt nun darin, dies im folgenden Blogbeitrag nicht nur wiederzugeben, sondern direkt anzuwenden.
Ein wichtiger Grundsatz von Science Communication lautet: Verständlichkeit ist wichtiger als Vollständigkeit. Dies müssen wir uns immer wieder vor Augen halten. Insbesondere bei technischen oder wissenschaftlichen Texten kommt die Verständlichkeit häufig zu kurz.
Folgende Regeln helfen, einen Text verständlich zu formulieren:
Diese Regeln klingen erstmal logisch und einigermassen verständlich, jedoch hapert es meistens bei der Umsetzung. Deshalb haben wir für die Umsetzung dieser Regeln verschiedene Methoden angeschaut. Es lohnt sich, bis am Schluss dranzubleiben…
Bevor wir auf die einzelnen Regeln eingehen, haben wir eine Arbeitstechnik gelernt, wie wir an einen neuen Text herangehen. Voraussetzung ist: Ich verstehe, über was ich schreiben möchte, wer der Adressat des Textes ist, habe Beispiele zur Hand und habe die Recherche abgeschlossen.
Danach können wir folgendermassen vorgehen:
Wenn wir den Text verfasst haben, geben wir ihn einer anderen Person zum Gegenlesen.
Beim Lesen entscheidet die erste Millisekunde, ob es den Leser packt oder nicht. Apropos “es”: Ein Satz sollte nie mit “Es” beginnen. Stattdessen sollten wir am Vorwissen der Leserschaft anknüpfen. Dafür müssen wir wissen, wo sich die Leser befinden und was diese bereits wissen. Es lohnt sich also, sich vorgängig mit der potentiellen Leserschaft auseinanderzusetzen. Bei einem Blogbeitrag wie diesem ist die Leserschaft divers. Dann ist es umso wichtiger, dass wir von wenig Vorwissen ausgehen.
Um in ein neues Thema einzuleiten, sollten wir sogenannte “hooks” (Haken) verwenden. Dies ist eine Verknüpfung zwischen bestehendem und neuem Wissen. In der Musik spricht man beim “hook” meistens vom Refrain eines Songs. Sprich ein Aufhänger - etwas, das einem bleibt. Beim Schreiben können wir diese hook beispielsweise mit Emotionen oder einem Alltagsbezug (wie beim Musikbeispiel) erzeugen.
Nebst dem Anknüpfen an Vorwissen ist es insbesondere bei komplexen Themen wichtig, dass wir die Leserschaft nicht mit Informationen überfordern. Die Informationen sollten wir stattdessen Schritt für Schritt vermitteln und keine Gedankensprünge machen.
Das Erklären in Schichten können wir uns wie eine Zwiebel vorstellen. In der äussersten Schicht fragen wir uns, wo befindet sich mein Publikum und wie können wir das Thema auf deren Alltag beziehen. Anschliessend können wir schrittweise ins Thema einführen und auf Details eingehen. Am Ende jedoch sollten wir wieder auf die äusserste Schicht zurückkommen, um den Kreis zu schliessen.
Um Informationen besser zu verarbeiten, hilft es, wenn wir in den Köpfen der Leser Bilder erzeugen. Dabei sollten wir natürlich nicht nur Bilder erzeugen, sondern wenn immer möglich auch passende Bilder und Grafiken verwenden. Dies macht das Thema verständlicher und greifbarer. Ausserdem sollten wir mit Beispielen arbeiten und Geschichten erzählen. Denn konkrete Aussagen überzeugen Personen eher als generelle oder abstrakte Aussagen.
Nebst den konkreten Aussagen ist auch wichtig, dass wir sagen, wer der oder die Handelnde ist. Dies muss nicht zwingend eine Person sein. Das kann auch ein System, eine App, ein Unternehmen oder irgendein Substantiv sein. Wir sollten der Leserschaft konkret mitteilen, um wen oder was es sich handelt und das Pronomen “man” vermeiden. Ausserdem gilt es dabei, den permanenten Perspektiven-Wechsel zu vermeiden.
Was viele vermutlich aus der Schulzeit kennen, aber trotzdem immer wieder passiert, ist die Verwendung von Passivkonstruktionen (werden/wird). Insbesondere wissenschaftliche Texte werden häufig im passiv geschrieben. Dies erzeugt jedoch Distanz zur Leserschaft und erinnert an Behördensprache.
Sämtliche Emotionen (Ärger, Wut, Angst, Trauer, Freude) helfen bei der Aufnahme von Informationen und weckt die Aufmerksamkeit der Leser. Deshalb sollten wir gezielt Emotionen einbauen und mit Storytelling arbeiten. Speziell beim Einstieg ins Thema können wir gut von einer Emotion ausgehen. Beispiel: "Wir haben ein riesen Problem, das kostet auf Haufen Geld und niemand macht etwas. M&F hat die Lösung…". Auch bei wissenschaftlichen Texten sollten wir die Leser nicht mit reinen Fakten langweilen, sondern auch unterhalten. Ein bekannter Philosoph hat mal gesagt: “Facts only are worth nothing”. 😉
Apropos Unterhaltung… Es gibt einen guten Grund, weshalb Boulevard Medien eine solch grosse Leserschaft anziehen und zwar weil sie “infotainen”. Das heisst, sie überlegen sich, wie sie Themen vermitteln, sodass sie Emotionen und Betroffenheit auslösen. Dafür gibt es verschiedene Selektionskriterien: Aktualität, Kontroversen, Nähe, Prominenz, Risiken, Orientierung, etc. Viele davon können wir auch in wissenschaftlichen Texten einbauen.
Alle weiteren Regeln, die wir gelernt haben, sind hier zusammengefasst:
Was eine Geschichte am Laufen hält, ist die Spannung. Und wie entsteht Spannung? Durch ein Delta. Sprich wir müssen in der Story ein Delta (Unterschied) erzeugen. Idealerweise sollten wir das Delta definieren, bevor wir mit dem Schreiben des Texten beginnen. Denn: “Delta is the driving factor”. Häufig nimmt man das Delta zwischen Problem und Lösung. Sprich man schildert zuerst das Problem (löst dabei Emotionen aus 😉) und präsentiert dann die Lösung. So auch in diesem Text… Ich habe zuerst eine Auflistung voller Regeln mit vielen Fremdwörtern hingeklatscht und anschliessend versucht, diese Regeln mit Beispielen verständlich zu machen. Ich hoffe, das ist mir gelungen.
Wenn ich nun die Zusammenfassung so durchlese, merke ich, dass ich vieles vom Gelernten nicht umgesetzt habe. Immerhin wissen wir nun in der Theorie, worauf es ankommt und was hilft, einen (wissenschaftlichen) Text verständlich zu schreiben. Und Übung macht ja bekanntlich den Meister beziehungsweise die Meisterin. 😉
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