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16. Sep 2025

LAS Konferenz 2025: Vier Impulse, die bleiben

An der LAS Konferenz von swissICT am 21. August standen vier Talks besonders im Fokus von Stefan Wenk: Flight Levels als Denkhilfe, Recruiting als Journey, Arbeiten jenseits von Scrum-Ritualen und Organizational Smells als Frühwarnsystem. Er hat die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst.

Die LAS Konferenz von swissICT ist die zentrale Schweizer Community-Konferenz zu Lean, Agile & Scrum und fand in Zürich statt. Sie bringt Praktikerinnen und Praktiker aus Unternehmen, Verwaltung und Start-ups zusammen, um Erfahrungen zu teilen, voneinander zu lernen und sich zu vernetzen. Das Motto «Unterhalten. Vernetzen. Lernen. Machen.» prägt das Format: hochkarätige Keynotes, interaktive Workshops und viel Raum für Austausch und Inspiration. Zielgruppe sind Agile Coaches, Scrum Master, Product Owner, Führungskräfte und Teams, die ihre Organisationen wirksamer und kundenorientierter gestalten wollen. Die Konferenz zählt zu den jährlichen Highlights der Community.

Von Stefan Wenk besuchte Referenten 
  • Klaus Leopold, Co-Founder, Flight Levels Academy
  • Aleksandra Corzun, Gründerin und Recruitment Partnerin, Way Out Consulting AG
  • Urs Enzler, Softwarearchitekt und Unternehmensentwickler, Calitime AG
  • Peter Gfader, Mitglied des Beratungsausschusses, Meetical

1. Flight Levels – Klarheit, Fokus, Verbindung

Von Klaus Leopold

Flight Levels sind kein Framework, sondern ein Denkmodell, das Organisationen hilft, die richtigen Hebel für bessere Ergebnisse zu finden. Statt «Regeln befolgen» geht es um Klarheit, Fokus und Ausrichtung über alle Ebenen hinweg.

Die fünf Aktivitäten strukturieren die kontinuierliche Verbesserung:

  1. Situation visualisieren
    Wissensarbeit sichtbar machen mit Boards und Flows.
  2. Fokus schaffen
    Weniger starten, mehr fertigstellen. Value entsteht beim Abschliessen.
  3. Agile Interaktionen etablieren
    Nicht Frameworks, sondern Menschen verbessern Organisationen.
  4. Fortschritt messen
    Auf Ziele hin messen, nicht «Flight Levels um der Methode willen».
  5. Kontinuierlich verbessern
    Iterationen immer wieder durchlaufen.

Die drei Flughöhen verbinden Strategie und Delivery. Sie sind in allen Organisationen zu finden:

  • Level 3 – Strategisch
    Strategie verständlich, anschlussfähig machen.
  • Level 2 – Koordination
    Das Richtige zur richtigen Zeit zwischen Teams organisieren.
  •  Level 1 – Operation
    Teams liefern Wert, eingebettet in das grössere Bild.
Warum nicht «nur» Scrum/Kanban?

Boards allein reichen nicht – Verknüpfungen zwischen Ebenen machen den Unterschied. Wer die fünf Aktivitäten auf allen Levels lebt, reduziert lokale Optimierung und maximiert Wirkung.

Praktischer Take-Away: Wenn strategische Initiativen versanden, ist meist die Verbindung L3↔L2↔L1 schwach. Startet mit einer gemeinsamen Visualisierung über die Ebenen – und definiert messbare Ziele, an denen ihr Fortschritt erkennt, statt Busy-Work zu optimieren.

2. Agile Recruiting-Prozesse – Candidate Experience als Produkt

Von Aleksandra Corzun

Der Fachkräftemangel ist real und die erwerbsfähige Bevölkerung schrumpft. Besonders betroffen sind IT-Entwicklung/-Analyse. Prognosen zeigen: 2040 wird nur noch rund 56 % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter sein. Organisationen müssen kreativer und flexibler rekrutieren. 

Was Kandidatinnen und Kandidaten laut Studien am meisten dazu bewegt ihre Bewerbung zurückzuziehen:

  • Schlechte Stellenanzeige (58%),
  • Zu lange Reaktionszeit (42,5%),
  • Unsympathisches Auftreten im Prozess (41,9%)
  • Umständliches Bewerbungsverfahren (16,3%) 

Um diesen Erfahrungen entgegenzuwirken, soll die Candidate Experience systematisch designed werden. Es wurden einige wirksame Anregungen geteilt, um den Prozess zu verbessern und sich von anderen abzuheben:

  • Aufmerksamkeit gewinnen: pointierte Kampagnen statt generische Inserate
  • Rekrutierungsphase beschleunigen: Bewerbungsweg vereinfachen
  • Neue Kanäle nutzen: WhatsApp-Recruiting für schnelle, niederschwellige Kontaktaufnahme
  • Empfehlungen stärken: Mitarbeitende werben Mitarbeitende – Belohnungen emotional aufladen, wie zum Beispiel mit einem Reisegutschein
  • Erlebnis abrunden: Willkommenspakete und wertschätzende Kommunikation – selbst bei Absagen kann ein kleines Geschenk mitgeschickt werden. 
Agiles Arbeiten im Recruiting:

Auch im Recruiting hilft es agil zu arbeiten. Der Prozess kann iterativ, datenbasiert und hypothesengetrieben in kleinen Schritten stetig verbessert werden. Eine besonders effektive Technik dabei ist das Empathy Mapping. Die Idee dabei ist in die Schuhe der Kandidatinnen und Kandidaten zu schlüpfen und sich zu überlegen, wie sich der aktuelle Prozess anfühlt.

3. «Sprints, Backlogs und Scrum Master sind von gestern» – was ist aktuell?

Von Urs Enzler

Die typischen Elemente, die wir in der agilen Welt immer wieder vorfinden sind: Backlogs, Sprints, stabile Teams, Product Owners, Scrum Masters, usw. In der Praxis weichen fast alle Teams von der idealen Situation, die im Scrum Guide beschrieben ist, ab. Viele Teams beobachten ähnliche Probleme
•    Lange Wartezeiten durch Backlogs
•    Wissenssilos
•    Entscheidungs-Bottlenecks
•    Schwierigkeiten sofort zu reagieren
•    …

Genau diese Punkte wollen wir in der Softwareentwicklung vermeiden. Die Idee der Agilität sind unter anderem frühe und häufige Value-Lieferung, schnelles Feedback und hohe Qualität.

Enzler schlug einige interessante Ansätze aus seiner Praxiserfahrung vor:

  • Dynamisches Reteaming
    Teams formen sich aufgabenbezogen neu – Kapazität und Wissen bedarfsgerecht bündeln.
  • Handoffs vermeiden
    Eine Person/Gruppe begleitet ein Thema End-to-End, unterstützt von anderen -> Wartezeiten und Wissensverluste sinken.
  • Maker’s-/Manager’s-Schedule
    Grosse meetingfreie Blöcke für Deep Work.
  • Team owns impediments
    Verbesserungen werden nicht delegiert, das Team beseitigt Hindernisse selbst.
  • Arbeitsorganisation ohne grosses Backlog
    Kleine, priorisierte Wunschliste, Fokus auf kleinstmöglichen Wert für schnelle Lieferung und Feedback.
  • Kollektives Product Ownership
    Alle im Team sind in der Lage einfache Product-Owner-Entscheidungen zu treffen, damit der Product Owner nicht zum Bottleneck wird.
  • Instant Adaptation
    Nicht bis zum Daily oder nächsten Sprint warten – sofort reagieren.
  • Workflow-Prinzipien
    Ansatz pro Task wählen. Wie lange geht der Task und wie komplex ist er?
  • Technische Leitplanken
    Haben in der Praxis gut funktioniert und verdienen alle einen eigenen Vortrag. Sie sind hier erwähnt als Gedankenanstoss: Evolutionary Architecture, Residuality Theory, funktionale Programmierung. 

4. Organizational Smells – eine Nase für hinderliche Muster

Von Peter Gfader

«Organizational Smells» sind subtile Hinweise auf dysfunktionale Prozesse, Kommunikation oder Strukturen, die Wertschöpfung behindern – analog zu Code Smells in der Software. Beispiele dafür sind:

  • Information Hiding
  • «Wir sind fertig – die anderen müssen jetzt…»
  • Endlose Bug-Diskussionen
  • Finger-Pointing

Die Ursachen dafür sind vielfältig. Oft stimmen die Interessen der einzelnen Personen nicht mit denjenigen der Firma überein. Ein Beispiel dafür sind individuelle Boni, die falsche Anreize erzeugen können. Diese Muster schaden der Zusammenarbeit. 

Wie finde ich die Smells?
  • Menschen fragen
  • Beobachten – zum Beispiel im Pausenraum
  • Hypothesenbasierte Interviews, um konkrete Beispiele zu finden
  • Gefundene Smells werden gesammelt, sortiert, priorisiert – z. B. als Backlog
 Was tue ich gegen die Smells?
  • Spiegeln und coachen: Früh auf kleine Dinge reagieren
  • Regeln/Policies experimentell ändern: Zum Beispiel mit explizitem Regelbrechen als Experiment
  • Akzeptanzkriterien definieren: «Woran messen wir, dass der Systemzustand besser ist?»
  • Iterieren und neu messen

 Quintessenz: Smells sind Einladung zu Gesprächen – nicht zur Schuldsuche. Macht die Smells sichtbar und experimentiert später gemeinsam damit.

Fazit

Die LAS Konferenz 2025 war ein ausgezeichneter Anlass, um sich mit Personen, die in einem agilen Umfeld arbeiten auszutauschen. Bei der Auswahl der vielen parallellaufenden Vorträge hat ein 1-minütiger Pitch von den Referentinnen und Referenten sehr geholfen. Die Vorträge waren ein guter Anhaltspunkt neue Ideen zu gewinnen und Erfahrungen von anderen zu hören. Ich kann jedem im agilen Umfeld empfehlen bei der nächsten Gelegenheit auch teilzunehmen.


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